Die Denkmal Stiftung Thurgau hat den imposanten, aber damals maroden Bau im Jahr 2013 erworben, vor dem drohenden Abbruch gerettet und seither insgesamt über 3,3 Mio. Franken in seine Erhaltung investiert. Heute ist der Freisitz in seiner Substanz gerettet und soll einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Freundeskreis gegründet
Im Mai 2021 wurde in Weinfelden der Freundeskreis Freisitz Tägerschen mit sieben _Gründungsmitgliedern aus der Taufe gehoben. Die Liegenschaft Freisitz Tägerschen bleibt im Besitz der Denkmal Stiftung Thurgau. Der Freundeskreis wird die zukünftige Nutzung vorantreiben und die dafür erforderlichen baulichen und organisatorischen Massnahmen durchführen.
Haus für hochwertiges Handwerk
Entstehen soll «ein Haus für das hochwertige Handwerk, zum Arbeiten, lernen, temporär Wohnen und für Veranstaltungen». In Arbeitsgruppen werden aktuell Projektpläne mit Kostenschätzung, betriebliche Fragestellungen, künftige Aktivitäten, ein Finanzierungsmodell und ein Konzept Öffentlichkeitsarbeit erstellt. Diese Arbeiten werden von den Gründungsmitgliedern als Kerngruppe ehrenamtlich wahrgenommen.
Das Gebäude soll weitgehend im derzeitigen «Zwischenstand» belassen werden. Schichten und Geschichten bleiben ablesbar, der Charme und die starke Ausstrahlung des Umbauzustands bleiben erhalten. Weitergebaut wird maximal pragmatisch, kostengünstig, etappierbar und reversibel.
Mitglieder gesucht
Die Aufgaben des Freundeskreises sind eine spannende Herausforderung. Zur gezielten Ergänzung werden weitere interessierte Persönlichkeiten gesucht, die das Projekt ideell und finanziell unterstützen. Laufend aktualisierte Informationen zum Freundeskreis und zum Projektfortschritt sind auf www.freisitz.tg zu finden.
Ausgangslage
Erste Konzeptidee war: die Denkmal Stiftung Thurgau (DST) rettet den Freisitz durch Kauf und bringt ihn mittels Dachsanierung und Statischer Sanierung in einen verkaufsfähigen Zustand. Mit Bauuntersuchen legt sie zudem eine Grundlage für ein Restaurierungskonzept zugrunde.
Zwischenzeitlich machte sich die DST vertieft Gedanken zur Nutzung und zur langfristigen Sicherung des Kulturobjektes. Sie sieht Stockwerkeigentum (STWE) oder andere Nutzungen und möchte einem Käufer möglichst viele Ausbau- und Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen der Vorgaben der Denkmalpflege offen lassen.
Denkmalpflege
Grundvoraussetzung ist eine Restaurierung nach denkmalpflegerischen Grundsätzen und der grösstmög- liche Erhalt der fragmentarisch erhaltenen wertvollen Bausubstanz aus seiner wechselhaften rund 600- jährigen Baugeschichte. Ein Restaurierungsausschuss bestehend aus den Denkmalpflegerinnen der DST und dem Bundesexperten Dr. Bernhard Furrer, Bern unterstützt den Bauausschuss der DST und beglei- tete die Restaurierung und die beauftragten Fachkräfte und Spezialisten.
Fassaden, Dach und Statik
Das mit Ausnahme der Westfassade bisher vollständig verputzte Gebäude besteht aus einer Mischung von massivem Natursteinmauerwerk und Riegelkonstruktion. Die Sanierung der Dachkonstruktion von 1616 und 1668 (Exp. Ambrosius Widmer, Restaurator im Holzbau) ist abgeschlossen. Das Konzept zur statischen Sanierung (Ing. Jürg Conzett + Marcus Schmid) ist ebenfalls umgesetzt.
Der Zustand der Riegelfassaden hat Putzfreilegungen und Reparaturen an der West- und Nordfassade bedingt. Zur Sicherung von Konstruktion und Statik wurden weitere Freilegungen der Holzkonstruktion im Bereich der heute noch verputzten Partien am Anbau von 1668 und in der NO-Ecke des 2.OG vorgenommen.
Neue Betonkonstruktionen im EG und 1.OG haben die ausgebrochenen Teile des Massivbaus "ersetzt" und die fehlenden Verbände wiederhergestellt und den Lastabtrag gesichert. Im Bereich des um 1430 als Holzkonstruktion erstellten "Obergadens" im 2.OG sind Holzkonstruktionen (mit Stahlergänzungen) eingesetzt worden. Die statischen Sicherungen und Umlagerungen sind erfolgt und konnten mit sehr positivem Ergebnis abgeschlossen werden.
Energie / Installationen
Die DST hat als Grundlage ein auf das Objekt massgeschneidertes massvolles, mit denkmalpflegerischen Grundsätzen kompatibles Energiekonzept ausgeführt (Richard Widmer, Energiekonzepte). Es ist eine CO2-arme fortschrittliche umweltgerechte Wärmeerzeugung (Wärmepumpe mit Erdsonden) vorgesehen.
Zwei Kamine im Gebäude ermöglichen den Anschluss von ergänzenden Holzfeuerungen (Kachelöfen, Cheminéeofen). Aufgrund des Projektes sind Steigzonen und Fallstränge definiert und vorgegeben.
Ergänzend sind Installationskonzepte Heizung/Sanitär und Elektro zur Koordination und als Ausschreibungs- und Kostenberechnungs-Grundlagen erstellt. Die gesamten Installationen für Elektrisch, Sanitär, Heizung und Lüftung etc. werden im weiteren Ausbau neu installiert.
Aussenanlage/Umgebung
In der Aussenanlage sind nebst Autoabstellplätzen und Zufahrtsplätzen zur Liegenschaft und zu den Carports eine parkähnliche Fläche sowie der westliche Teil des Grundstücks als Nutzung für Garten ge- plant. Die definitive Gestaltung der Aussenanlage (Park und Garten) soll mit den späteren Eigentümern abgesprochen werden.
Herrschaftlicher, ummauerter Landsitz mit langer Geschichte: Freisitz seit 1547 (Freisitz: keine Abgaben, niemandem Untertan); Schloss, Ort der niederen Gerichtsbarkeit; im frühen 19. Jahrhundert Sitz des Bezirkstatthalters von Tobel; dann kleine Mühle, hierauf Stickerei (1880 bereits mit fünf Handstickmaschinen) und seit 1882 Käserei. Das geschichtsträchtige Gebäude hat damit seine heutige Form durch Umbauten im 19. Jahrhundert erhalten (siehe Brandkataster, 1825, 1879, 1882-86; Besitzergeschichte siehe KDM). Das Aussehen des Schlosses im 18. Jahrhundert ist durch eine lavierte Federzeichnung aus J.C. Vögelins Geschichte von Zürich dokumentiert. Auf der Nötzlikarte von 1743/45 verzeichnet. Bausubstanz früherer Jahrhunderte bleibt abzuklären. Dendrochronologische Datierung: Keller nicht vor 1400 und um 1440; Dachstuhl über dem Kernbau 1616; Dachstuhl über dem westlichen Anbau 1688. Stattlicher, dreigeschossiger, giebelbetonter Mauerbau mit fünf Fensterachsen an der Hauptfassade. Im Giebelfeld drei auffällige, halbkreisförmige Fensteröffnungen. Westseitiger Kehrgiebelflügel. Eingang mit profiliertem Gewände sowie Tür mit Seitenflügel. Rechts daneben ein barockes Fenster. Inneres gemäss HWI 1997: Bausubstanz (Kapelle in der Nordostecke, Korridor 1. Geschoss mit Régence-Stuckspiegel, Saal 2. Geschoss) noch teilweise vorhanden. Das Haus liegt auf einem grossen, immer noch von einer stattlichen Mauer umschlossenen Areal mit Baumbestand, auf dem sich auch die dazu gehörenden Gebäude Münchwilerstrasse 4+ befinden (Schweineställe der Käserei). Ebenfalls zum Schloss gehörte das stattliche Gebäude Münchwilerstrasse 2. Bedeutendstes Gebäude im Ort, von hohem Einzel- und Stellenwert. Geschichtliche Bedeutung: Zeuge für die Dorfgeschichte und die Geschichte der Region.